Brauereiführung „Rechenberger Bier“

„Wir hatten wirklich Glück in der DDR Zeit“, erzählt der korpulente Mann namens Meyer. Er lehnt auf etwas grünem, was entfernt an einen LKW-Reifen erinnert. Nur ein paar Nummern größer. Er erzählt aus den Zeiten der DDR, wie das DDR Regime viele kleine Brauereien dicht gemacht hat und er mit seinem Bruder 1990 die Brauerei zurückkaufen musste. Er sagt das nicht ohne Seufzen, ohne Erleichterung dass er wieder Inhaber der Brauerei ist und die Geschicke wieder selber in der Hand hat.

Wenige Minuten früher, einen Raum vorher. Wir lassen die Historie der Brauerei an uns vorbeiziehen, mit ganz vielen Fotos. Von früher bis heute. Trotz vieler geschichtlicher Ereignisse, die wenige erfreulich sind, sieht man größtenteils glückliche Gesichter. Er erzählt von Bierverkostungen mit den Mitarbeitern im Schalander. Wer nicht mithalten konnte, brauchte am nächsten Tag gar nicht kommen, sagt er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Im Großen und Ganzen konnte man aber schon mithalten. Die Mitarbeiter mussten sowieso trinkfest sein. Ein Teil des gebrauten Bieres ging an die Mitarbeiter, es musste aber noch in der Brauerei getrunken werden. Denn dieses Bier war steuerfrei und durfte nicht mit nach Hause genommen werden geschweige denn die Brauerei überhaupt verlassen. Und es gab jeden Tag neuen Biernachschub. Was also tun? Bier übrig lassen, der Brauerei schenken? Auf gar keinen Fall. Da setzt man sich lieber mit den Kollegen zusammen und trinkt. Manchmal solange das die besorgten oder verärgerten Ehefrauen vorbeikamen, sie wussten ja schließlich auch was Sache war.

Meyer lehnt immer noch auf dem grünem rundem Irgendwas während er die nicht immer einfache Gesichte der Brauerei erzählt, immer wieder zieht er die Mundwinkel seiner Besucher nach oben oder nach unten, eine bewegende Geschichte. Er erzählt wie die Brauerei 1972 Zwangsverstaatlich wurde, wie ihnen die Flaschenabfüllung abgenommen wurde, dass sie bis heute nur noch in Fässer abfüllen. Dass die Brautechnik 1990 völlig veraltet war, wie sie ersetzt wurde und aus der alten Technik ein Museum wurde. Und genau da sind wir nun. Wir stehen vor einer Holzbierfassreinigunsanlage. So lange wie das Wort ist auch die Anlage, auf ungefähr 10 Meter Länge ziehen sich verschiedene Stationen. Hier werden die Holzfässer durch Wasserdruck ausgespült, dann innen gereinigt, anschließend wird die Pechschicht erneuert, sie verhindert das Ausfließen von Bier. Und dann: Deckel drauf und ab zur nächsten Station. Hier wird das Fass nochmal gewogen – zu Gunsten des Kunden wird immer abgerundet. Und dann kommt – endlich – der Inhalt. Ein Bierfass zu füllen klingt aber einfacher als es ist. Wie beim Einschenken in das Glas kommt es auch beim Befüllen des Fasses zur Schaumbildung. Nur durch hohen Druck kann das verhindert werden. Direkt daneben wird gezeigt wie die Holzfässer gebaut werden. Von den Brettern über die Rundung bis hin zum fertigen Fass, alles ist haarklein und detailliert gezeigt. Das heutige Rechenberger Bier verlässt die Brauerei in Metallfässern, der Zapfhahn wird direkt mitgeliefert. So muss der Kunde nicht lange fackeln und kann direkt in den Genussmodus übergehen. So langsam fragen wir uns auch, wann wir in diesen Modus kommen. So kurzweilig die Führung ist, umso größer wird der Bierdurst. Wenn auch die ganze Zeit davon geredet wird…

Im nächsten Raum weitet sich die Decke bis zum Dach. Der Blick fällt direkt auf die Dachbalken, vor kurzem frisch renoviert. Das Dach sieht aus wie ein umgedrehter Schiffsrumpf. Wir stehen vor der historischen Brauanlage. In Klinkerbauweise ausgeführt, mit einer Metallkuppel, die sich fast die komplette Höhe bis zur Decke bahnt. Hier wird aus Malz, Hopfen und Wasser das Bier gebraut. Feinste Zutaten ergeben feinstes Bier, sagt Meyer nicht ohne Stolz. Über große Rohre geht es in das Nachbargebäude. Hier wird das Bier gefiltert und gelagert. Erst danach kann es abgefüllt und verkauft werden.

Oder in den Gastraum der Brauerei kommen, auch Schalander genannt. Ich frage mich, ob es da eine Direktleitung gibt… die Gruppe bekommt ihr Freibier und ihr Essen. Beim Anblick des Rechenberger Schwarzbierbratens frage ich mich instinktiv wer das alles essen soll? Zwei große Scheiben Bierbraten, drei größere Klöße und Sauerkraut sorgen für einen vollen Teller. Spannend wird es als alle anfangen zu essen, Stille senkt sich über den großen Gastraum im Gewölbekeller. Aber: alle sind zufrieden mit ihrer Essenswahl. Auch wenn nicht alle Teller leer in die Küche zurückwandern, lecker war’s wirklich und wir wandern mit vollem Magen zurück ins Hotel.

Foto: Brauerei Rechenberger

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