London: Von Ciabatta, Schleusern und Künstlermärkten

London hat ganz viel schönes und sehr viel bekanntes. Ich war auf der Suche nach Speziellem was man nicht so oft sieht und erzählt bekommt. Da spielen die Schleuser auch eine Rolle.

Dienstag

Abflug 10:50, Frankfurt International Airport. Da haben wir noch einen halben Tag, haben meine Freunde gemeint als wir den Flug nach London gebucht haben. Das stimmte tatsächlich. Die halbe Stunde Verspätung war nebensächlich.

Da steht es also, das Flugzeug das uns nach London bringen wird. Eine Boeing 767.
Da steht es also, das Flugzeug das uns nach London bringen wird. Eine Boeing 767.

In London angekommen haben wir uns zuerst eine Oyster Card gekauft. Sehr praktisch, dieses Ticket. Anfangs waren wir etwas verwirrt, dachten wir doch das die tägliche Summe, die wir zusammenfahren, auf 6,40 Pfund beschränkt sei. Das stimmt nur, wenn man die Zonen 1 und 2 nicht verlässt. London Heathrow liegt aber in Zone 6 und schlägt daher mit 11,40 Pfund zu buche. Trotzdem günstig.

Anschließend ging es zur gebuchten Wohnung. Ich war bei AirBnB anfangs etwas skeptisch, aber es hat alles gepasst. Die Wohnung war wirklich super und auch ausreichend groß. Die Lage wirklich gut, zum Bahnhof Liverpool Street haben wir circa 10 Minuten gebraucht. Von dort gehen viele Underground Linien los, zu vielen Zielen muss man aber umsteigen.

 

Zuerst fuhren wir zur Station Bank, die gleiche Station heißt an anderen Linien auch Monument. Die beiden Stationen sind aber trotzdem eins. Die Station Bank ist nach der Bank of England benannt. Sie ist das einzigste Gebäude in England, dass einen eigenen Eingang zur U-Bahn hat. Direkt neben der Bank of England steht ein Gebäude, dass von vorne aussieht wie ein mittelalterlicher Tempel. Sehr groß und monumental, in der Mitte des Gebäudes zwei kleine Glasschwenktüren. Was von außen nach Museum aussieht, ist innen ein hochmodernes Einkaufszentrum. Da kommt aber nicht jeder rein, dafür sorgen Türsteher.

Links des Tempelartigen Gebäudes steht die Bank of England, hinter uns die NatWest, National Westminster Bank mit vollem Namen.

Nach der kurzen Besichtigungsrunde fängt es an in Strömen zu regnen. Nichts wie rein in die Underground! Blöderweise denken sich das ein paar mehr Menschen. Noch bevor wir die Bahnsteigssperre passieren können stehen wir im Stau. Die Undergroundstation ist dicht. Die Bahnen sind zu voll, erklärt der Mitarbeiter. Die Schlange reagiert ungehalten, doch der Bahner bleibt hart. 15 Minuten tut sich gar nichts, die Schlange wird länger und länger. Zum Glück stehen wir relativ weit vorne. Doch die ersten verlieren bereits die Geduld und boxen sich durch die Massen einen Weg zurück zum Ausgang.

Stau in der Underground. Und langsam aber sicher lässt mich meine Kamera im Stich...
Stau in der Underground. Und langsam aber sicher lässt mich meine Kamera im Stich…

Und es musste kommen: Meine Kamera gibt den Geist auf und verpasst den meisten Bildern einen Lila-Stich. Manches Foto mutet an wie moderne Kunst. Wenigstens dürfen wir durch die Sperre und dann erstmal Rolltreppe fahren. Das fasziniert mich so an der Londoner U-Bahn: diese ewig langen Rolltreppen. Um auf den Bahnsteig zu kommen fährt man manchmal mehrere Minuten Rolltreppe.

Noch nicht mal ganz unten, zurückblickend auf 2/3 der Rolltreppe...
Noch nicht mal ganz unten, zurückblickend auf 2/3 der Rolltreppe…

Nächster Halt der Tour: Buckingham Palace. Aber vorher muss man aus der Tube aussteigen, links durch den Tunnel, Treppe runter, rechts abbiegen, Rolltreppe hoch, Links gerade aus, Treppe runter, abbiegen, neuer Tunnel diesmal mit Straßenmusiker, Treppe hoch, Rolltreppe. Endlich die Sperre, nochmal Treppe hoch. Puh Tageslicht. Und das an jeder U-Bahn Station, wie sich da jemand auskennen soll ist mir ein Rätsel. Ohne Ausschilderung wäre ich gnadenlos verloren.

Anschließend wollen wir unbedingt noch zum Big Ben. Wir spazieren durch den St. James Park. Und staunen: Eichhörnchen soweit das Auge reicht. Und handzahm. Die Tiere lassen sich mit kleinen Nüssen füttern und auch ohne Nüsse kommen die putzigen Nager auf 30 cm heran. Aber wehe die Fotokamera ist auf sie gerichtet, dann sind sie wirklich fix weg. Ich überlege mir, ob hier das Betreten des Rasen streng verboten ist. Ich probiere es lieber nicht aus. Kaum aus dem Park raus, sind wir hinter 10 Downingstreet. Gleichzeitig taucht rechter Hand ein neues Gebäude Ensemble auf. Es ist das Horse Guards Parade, ein großer Paradeplatz. Während der Olympischen Weltmeisterschaft 2012 fanden hier die Beachvolleyballmeisterschaften statt. Durch den Torbogen, links und schon sind wir vor 10 Downingstreet. Gar nicht so toll bewacht wie ich das in Erinnerung hatte. Und natürlich: der Big Ben wird von drei Seiten betrachtet.

Big Ben in abendlicher Stimmung.
Big Ben in abendlicher Stimmung.

Bei uns macht sich allerdings der Hunger bemerkbar und so beschließen wir den ersten Tag in unserer Wohnung bei einem gemütlichen Abendessen und einem Glas Guinness.

Mittwoch: Der Tag führt uns zuerst in den Tower of London. Weil bei Wikipedia genug steht, erspare ich hier Details und zeige lieber ein paar Fotos. Einzig: Die Führung war wirklich lustig. Ein ehemaliger Elitesoldat führt uns durch die Anlage und das macht er wirklich gut! So erzählt er, das im Tower ein Arzt wohnt. Und wenn der ihm nicht mehr helfen kann, wohnt der Pfarrer gleich nebenan.

Auf dem Weg zum John Lewis Kaufhaus kommen wir an der Golden Hinde II vorbei, genauer gesagt einem Nachbau. Das Original hatte von 1577 bis 1580 die Welt umsegelt. Wir begehen kurz die Milleniumsbridge und stellen fest: die wackelt ja gar nicht. Schade, war’s nix mit Seekrankheit. Im John Lewis Kaufhaus wollen wir auf die Dachterrasse, angeblich ein Geheimtipp. Und tatsächlich: Wir sind im siebten Stock, über den Dächern von London. Ausgelegt mit Grasteppich, mit vielen echten Büschen und Rosen bestückt. Sitzgelegenheiten sagen „Setz Dich hin und schau mal über die Dächer“. Ein Kiosk im Gartenhaus verkauft Essen und Trinken. Abends würden Lampions angenehmes Licht verbreiten. Der Blick geht über gleich hohe und niedrigere Häuser bis zum London Eye. Man sieht Dachterrassen und ganz viele Kräne die über die Hausdächer herausragen wie Streichhölzer. Nur wenige Häuser haben ein Pultdach, viele Flachdächer mit Aufbauten.

Am nächsten Tag stehen zwei Museumsbesuche an: Das National History Museum und das Science Museum. Auch hier gilt: Das Internet verrät schon viel.

Ich bin anschließend nach Islington gefahren, eigentlich wollte ich in die Upper Street. Oxford Street in klein und unbekannt. Bin allerdings falsch abgebogen. Das war allerdings gut. So habe ich das kleine Restaurant „The Barn“ gefunden. Sehr schön eingerichtet, viele verschiedene Möbelstücke. Nicht zusammengewürfelt, sondern passend ausgesucht. Neuer Holzboden, Holzwände. Der Kamin ist mit Backsteinen eingefasst. Die Karte bekommt der Gast auf einem Klemmbrett gereicht und kann sich in Ruhe durchblättern. Ich habe mich für ein Ciabatta mit Mozzarella, Tomaten und Basilikumpesto entschieden. Dazu gab es einen Salat. Sehr lecker und appetitanregend garniert. Und was wirklich angenehm war: der Gast steht im Mittelpunkt. Da habe ich schon anderes erlebt.

Der Treffpunkt für abends hieß: Camden Markt. Vorher möchte ich aber noch durch die Camden Street laufen und den Markt besuchen. Dafür fahre ich mit der Overground und steige prompt eine Station zu früh aus. Das macht aber nichts. So laufe ich durch ein Mulitkulti-Viertel mit Bars, Gemüseläden und „Zeitungshäusern“, also Reihenhäuser mit Redaktion im Keller. Schließlich komme ich an, biege ab und bleibe erstaunt stehen. Sowas habe ich noch nicht gesehen: Ein Geschäft reiht sich an das nächste, und das auf beiden Straßenseiten. Und voll, die Menschen schieben sich durch. Instinktiv packe ich Geldbeutel und Handy sicher ein. Rein ins Getümmel! Statt zu gehen, werde ich von der Menschenmeute geschoben, nach links, nach rechts. Ehrlich gesagt frage ich mich ob die Markenklamotten wirklich Markenklamotten sind oder ob mir das Geld anders aus der Tasche gezogen wird. Durch ominöse Organisationen. Während ich drei Straßenmusikern zuhöre, werde ich prompt angesprochen. Angeblich eine Kinderhilfsorganisation. Das Auftreten des Mannes: wie ein Marktschreier, was er sagt: stimmt nachdenklich. Er erzählt von Kindern in Not und sagt so Sachen wie: Steck Deinen Geldbeutel sicher ein, pass auf dich auf. Nur: Irgendwas am Gesamtbild stört mich. Er kriegt nichts von mir. Kurze Zeit später sehe ich ihn wieder. Er quatscht mit einem Ladeninhaber, als ob er das nicht zum ersten Mal machen würde. Sieht sehr vertraut aus. Sagt klar nichts, aber ich war mir nicht sicher und bevor das Geld in dunklen Kanälen versickert…

Irgendwie kommt mir die ganze Stimmung in der Straße komisch vor, so ein Gefühl. Das aber nicht Unsicherheit ist, denn überall sind Polizisten und Security. Die steht auch vor einem großem Areal das „Camden Market“ heißt. Dort gibt es nichts, was es nicht gibt und das Gefühl da drinnen ist gleich viel besser.

Direkt neben dem Markt verläuft ein Kanal. Mit einem Stückchen Pizza in der Hand verlasse ich den Markt und wende mich dem Kanal zu. Flussaufwärts geht der Fluss immer geradeaus, flussabwärts wird es spannender. Eine Schleuse jagt die nächste. Und genau jetzt kommen zwei Hausboote vorbei. Eines fährt Flussaufwärts, eines Flussabwärts. Da kommen die Schleuser ganz schön in’s schwitzen. Die Schleusen werden nämlich von Hand bedient. Das Schleusentor in der Mitte, links und rechts ein Schleuser und dann werden die Tore von Hand geöffnet und geschlossen.

Eines der Boote ist schwarz, relativ lang und recht schmal. Der Blick durch die Fenster verspricht Bequemheit, Geborgenheit und eine Heizung. Ob man da das ganze Jahr wohnen kann?

Nicht ich, aber ein Freund von mir wohnt auf dem Boot. Anlegestellen mit Strom und Wasser gibt es in London genug und bei den Wohnungspreisen lohnt sich das.

erzählt mir der Freizeitkapitän. Ganz ehrlich: Ausprobieren würde ich es ja schon gerne mal. Vielleicht schaffe ich das ja irgendwann noch…

London finde ich in der Tat eine weitere Reise wert, da gibt es soviiiiel abseits der üblichen Touriwege, man müsste sich nur auskennen. Aber wer kennt das nicht, Großstadt halt. Und: Der Rückflug hebt um 7:10 Uhr. Wahrscheinlich mache ich das nie mehr! Wenn man vorher schläft ist das bestimmt kein Problem, wir haben aber durchgemacht. In einer kleinen Bar haben wir aus der Fläche vor dem DJ eine Tanzfläche gemacht, kurze Zeit später war die ganze Bar am tanzen. Hat schon Spaß gemacht. Das war also mein Abschied von London, tanzend durch die Nacht.

8 thoughts on “London: Von Ciabatta, Schleusern und Künstlermärkten

  1. Tutti G-Land says:

    Danke für deinen Bericht. Ich liebe London! Das Einkaufszentrum U – Station Bank kanne ich noch nicht. Das will ich mir das nächste mal unbedingt ansehen. LlG Tutti

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    1. Valentin says:

      Das ist wirklich unauffällig. Wenn es nicht geregnet hätte, hätten wir uns da nicht untergestellt und ich hätte es nicht entdeckt (ganz schön viel „hätte“ 🙂 ). Wenn Du hinein willst würde ich mich richtig schick anziehen 😉

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  2. sianar says:

    Echt ein sehr toller Beitrag und auch generell ein toller Blog 🙂 ich freu mich schon riesig wenn es für mich endlich nach London geht!

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