Da war man schon so oft auf Rügen und war noch nie in Prora. Das haben wir schleunigst nachgeholt. Und Sassnitz kennen wir schon, aber ich finde immer was Neues.
Zuerst waren wir in Prora. Den Tipp habe ich von einem guten Freund bekommen. Natürlich haben wir auch die Ausstellung besucht.
Entstanden ist dieser Komplex namens „KdF-Bad“ während des Nationalsozialismus. Menschen, die nicht in die „Nationale Volksarmee“ wollten oder Kriegsgefangene wurden als Zwangsarbeiter in Prora eingesetzt. In Hitlers „Träumen“ sollte das „KdF-Bad der zwanzigtausend“ später bis zu zwanzigtausend Besucher gleichzeitig aufnehmen. Die Menschen sollten befriedet werden und für die Politik des Nationalsozialismus gewonnen werden. Dafür sollten ursprünglich acht Blöcke gebaut werden. Heute stehen dort insgesamt sieben, zwei von ihnen als Ruine. Richtig fertig wurde die Anlage allerdings nie. Das könnte auch am Größenwahnsinn liegen. Sogar ein Tempel war geplant, aber außer dem Fundament kam es nicht dazu.
Und das der Komplex nicht fertig wurde, ist kein Abbruch wie die Broschüre aufzeigt:
Es ist Folge der expansionistischen und rassistischen Politik des „Dritten Reiches“. […] Die Anlage ist ein Beleg des Scheiterns der Nationalsozialisten Sozialpolitik, des Scheiterns als Konsequenz der Politik des „Dritten Reichs“, zu der genauso Völkermord, Massengräber und Zivilisationsbruch gehören.
Dies setzte sich auch nach dem zweiten Weltkrieg fort. Die DDR führte diese Machenschaften beim weiteren Ausbau weiter. Unweit des letzten Blockes, indem heute eine Jugendherberge untergebracht ist, hängen an einer ehemaligen Turnhalle eine Gedenktafel und eine Infotafel. Sie erzählen vom Leid und der Unterdrückung von Menschen, die nicht auf der Linie der Regierung mitschwammen und aktiv Widerstand leisten wollten. Die geistige Einstellung der „Spatensoldaten“ trug mit zur friedlichen Revolution bei.
Mit diesem Wissen macht sich beim Begehen des Komplexes ein beklemmendes Gefühl breit. Bis 1991 galt hier „Betreten strengstens verboten“. Die Anlage in Prora ist ein Zeitzeuge für die Gewalt im „Dritten Reich“ und der DDR. Die Broschüre des Dokumentationszentrums bringt es auf den Punkt:
Erst die Gesamtheit von glänzender Fassade und unfassbaren Gewaltverbrechen, von Moderne und Barbarei ergibt ein Bild vom „Dritten Reich“, dass für nachfolgende Generationen verständlich ist.
Und dann sind wir da – in Sassnitz. Nach der Industrialisierung kamen viele gestresste Großstädter nach Sassnitz zum Erholen. Die Lage von Sassnitz war auch günstig für Fährlinien nach Skandinavien. Spätestens seit der Eröffnung des Fährhafen Mukran hat Sassnitz seine Stellung im Fährverkehr bekräftigt. Vorher wurde das Geld in Sassnitz vorrangig mit der Fischerei und dem Kreideabbau verdient. Selbstverständlich lebten Bewohner der Stadt auch von den Touristen. Einfache Häuser wurden zu prächtigen Bäderhäusern umgebaut, verfielen im Laufe der Zeit und werden heute wieder hergerichtet.
Zur Pflicht gehört ein Besuch des Hafens. Seine Maritime Atmosphäre mit vielen Booten ist sehenswert. Und auch geschmacklich zu erfahren: Frischer Fisch direkt vom Kutter. Lecker! Und auch der Gang zum Leuchtfeuer ist empfehlenswert. Mit 1450 Metern Länge ist die Außenmole die längste Europas. Zu sehen ist sie auf dem Bild mit der Brücke.
In Teil 3 besuchen wir die „Weiße Stadt“ Putbus und fahren an das (gefühlte) Ende der Welt.
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